Vom Fernsehturm in die Berliner Unterwelten

Zehntklässler der Landauer Realschule auf Studienfahrt in der Bundeshauptstadt

Landau. In der Woche vom dritten bis siebten Oktober 2022 machten die vier Abschlussklassen der Viktor-Karell-Realschule ihre lang ersehnte Studienfahrt nach Berlin – was erstmals seit dem Beginn der Corona-Pandemie wieder möglich war. Gestartet wurde trotz des Feiertags am Montag, weshalb leider nicht wie sonst üblich in Mödlareuth angehalten werden konnte. Denn in diesem Dorf an der Grenze Bayerns zu Thüringen, das jahrzehntelang durch die deutsch-deutsche Grenze getrennt gewesen ist, finden am Tag der Deutschen Einheit zu viele Veranstaltungen statt. Daher übernahmen die Lehrkräfte die Erklärungen zum geschichtlichen Hintergrund und zur Grenzsituation im ehemals geteilten Deutschland. Am späten Nachmittag erreichten die zwei Busse der Reisegruppe die Bundeshauptstadt und steuerten das Hotel in Wedding an. Nach dem Abendessen stiegen die 93 Jugendlichen und ihre begleitenden Lehrkräfte Andrea Bäumer, Michael Berger, Andreas Dengler, Simone Friedl, Britta Kühbeck, Jörg Ludwig, Josef Plank und Kathrin Zellhuber auf die U-Bahn um und ließen den Tag mit einem Stadtbummel rund um das Europacenter und den Breitscheidplatz am Kurfürstendamm ausklingen.

Am nächsten Tag stand eine große Stadtrundfahrt auf dem Programm. Die Route führte durch viele Stadtteile und die beiden Stadtkerne des ehemals durch die Mauer geteilten Berlin –  vorbei an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Gedenkstätten. Es wurden auch Fotostopps eingelegt, so dass die Schülerinnen und Schüler beispielsweise die Mauerreste an der „Eastside Gallery“, näher in Augenschein nehmen konnten. Am Brandenburger Tor, dem Wahrzeichen der Stadt, wurden mit Spaß die obligatorischen Gruppenfotos der Klassen gemacht; das Mahnmal für die Opfer des Holocaust regte dagegen eher zum Nachdenken an. Einige der Abschlussklassen nutzten ein freies Zeitfenster, um auf den 368 Meter hohen Fernsehturm zu fahren und die phantastische Aussicht auf die Bundeshauptstadt zu genießen. Außerdem gab es im Laufe des Dienstags für die Zehntklässler im ehemaligen Stasigefängnis Hohenschönhausen Führungen durch die Anlage. Besonders eindrucksvoll war es, wenn Zeitzeugen erläuterten, welchen Qualen die meist unschuldigen Insassen ausgesetzt gewesen waren. Die Jugendlichen zeigten sich erschüttert über die unmenschlichen Verhältnisse, die einst in dem Gefängnis geherrscht hatten. Abends unternahmen die Klassen mit ihren Lehrkräften unterschiedliche Ausflüge.

Der Mittwochvormittag stand zur freien Verfügung, was die Abschlussschüler zur Erkundung der Stadt auf eigene Faust bzw. zum Einkaufsbummel nutzen durften. Einige von ihnen statteten zuerst der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche einen Besuch ab und pilgerten dann zum Kaufhaus des Westens. Andere fuhren in das frühere Zentrum Ostberlins und steuerten die Geschäfte rund um die Friedrichstraße und den Alexanderplatz an; auch der frühere Grenzübergang „Checkpoint Charlie“ in Berlin-Mitte war ein beliebtes Ziel. Am Nachmittag besuchten die Klassen das Reichstagsgebäude: Sie nahmen auf der Besuchertribüne des Plenarsaals Platz und lauschten einem Vortrag über den Bundestag. Danach empfing Bundestagsabgeordneter Max Straubinger die Landauer und gab einen Überblick über seine parlamentarische Arbeit. Die Mädchen und Jungen hatten dann die Gelegenheit, mit dem Politiker über die unterschiedlichsten aktuellen Themen zu diskutieren, von Atomkraft über den Ukraine-Krieg bis zur Zukunft der Industrie. Im Anschluss an die Gesprächsrunde wurde die gläserne Reichstagskuppel besichtigt, von der man einen fantastischen Blick auf das städtische Lichtermeer im Abendrot hatte. Später erkundeten zwei der vier Klassen auch noch das in Zeiten des Energiesparens etwas sparsamer als normalerweise erleuchtete Sony-Center am Potsdamer Platz.

Zum ersten Mal wurde auf der Studienreise Berlin ein Videoprojekt angeboten, bei dem sich die Schülerinnen und Schüler intensiv mit einem von drei Stadtteilen beschäftigten konnten. Und so fuhren am Donnerstagvormittag jeweils ein Drittel der Jugendlichen zum Prenzlauer Berg, nach Kreuzberg und Berlin-Mitte. Dort arbeiteten sie in klassenübergreifenden Kleingruppen einen Aufgabenkatalog in einer App ab, machten Fotos und drehten Filme; auch die Lehrkräfte hatten Aufgaben zu erfüllen. Das Ergebnis werden individuelle Erinnerungsfilme für die vier Abschlussklassen sein. Am Nachmittag ging es am U-Bahnhof Gesundbrunnen in die „Berliner Unterwelten“, wo sich die Menschen während des Zweiten Weltkriegs vor Bombenangriffen in Sicherheit gebracht hatten. Hier konnte eine der Klassen in den engen Schutzräumen einen eindrucksvollen Eindruck vom damaligen Alltag in der zertrümmerten Stadt bekommen und auch alltägliche sowie militärische Gegenstände aus der Kriegszeit betrachten. Eine zweite Route durch die Unterwelten führte durch die Bunker aus der Zeit des „Kalten Krieges“, die Schutz bei Atomwaffen-Angriffen bieten sollten. Abends besuchte die Reisegruppe bis fast Mitternacht die bekannte, gut gefüllte Schülerdisco „Dlight-Matrix“ und feierte ausgelassen.

Am Freitag musste man sich nach einer recht kurzen Nachtruhe dann leider wieder auf die Heimreise begeben. Als die Reisegruppe am Nachmittag nach achtstündiger Fahrt endlich Landau erreichte, waren alle einer Meinung: Diese Abschlussfahrt war nicht nur wegen des traumhaft sonnigen Wetters ein einmaliges Erlebnis, das noch sehr lange in Erinnerung bleiben wird.  

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